Mein erster Silvesterlauf-Marathon

Seit zwei Tagen bin ich schon total aufgeregt. Seitdem ist nämlich klar, dass ich das erste Mal seit 7 Jahren nicht in der Silvesternacht arbeiten muss. Ich fahre nach Soest, um mich für den Silvesterlauf von Werl nach Soest nachzumelden. Eigentlich ist es sogar mein Vorhaben, mich dem Prologlauf von Kerstin und Frank anzuschließen. Das heisst, erst laufen wir als Gruppe 28 km, um uns dann in das offizielle Startfeld der etwa 3000 Silvesterläufer einzureihen.
 
Morgens am 31.12. bin ich anstatt aufgeregt nur noch müde. Ich bin die ganze Nacht ohne Schlaf gewesen und eigentlich total frustriert als ich aus dem Fenster gucke. Es ist windig und es regnet. Und es soll so bleiben. Ich bin kurz davor den Prolog zu canceln. Frank und Kerstin kommen aus gesundheitlichen Gründen auch nicht und ich hab keinen Bock, mir den Rotz einzufangen. 15 km mit dem Hauptlauf sind an Silvester im Grunde doch auch genug… Und nachdem ich alle Ausreden, nicht laufen zu müssen, abgearbeitet habe, ziehe ich mir die Laufklamotten an und fahre nach Soest zum Start.
 
Nach der Parkplatzsuche folgt die Marktplatzsuche. Hier sind wir Prologläufer verabredet. Ein Parkplatzwächter erkennt sofort, dass es bei mir mit der Orientierung nicht so weit hin ist und bringt mich persönlich zum Marktplatz, wo die anderen Läufer schon warten. Günter wurde von Frank als neuer Leader ausgewählt. Er wird uns als Gruppe von Soest nach Welver und von dort nach Werl lotsen. Ein bisschen Smalltalk und paar Foddos und schon setzen wir uns in Bewegung. Die ersten 15 km laufen wir ganz locker runter. Das Tempo ist angenehm und die Stimmung herrlich. Ich bin froh, dass ich mich heute morgen aufraffen konnte.
 
Plötzlich sind wir schon in Welver und stehen vor Kerstins und Franks Haus. Die beiden haben, obwohl sie nicht fit sind, uns einen VP aufgebaut. Sie stehen am geöffneten Fenster und erinnern uns an Waldorf und Statler von der Muppetshow. Raus können, wollen und dürfen sie heute leider nicht. Ich glaube, die beiden sind wirklich geknickt, nicht hier unten bei uns in Laufklamotten zu stehen. Ich finde es auch wirklich schade, aber ändern lässt sich an der Situation ja leider nichts.
 
Günter macht einen guten Job. Er hält die Zeit im Auge und sieht zu, dass wir uns vom VP wieder wegbewegen. Wir müssen ja pünktlich zum Start in Werl sein. Vor uns liegen noch knappe 13 km. 13 km mit fettem Gegenwind. Ich habe das Gefühl, ich renn permanent vor eine Schrankwand (ich weiss, wie sich das anfühlt) und komme kaum einen Meter vorwärts. Ich denke es macht Sinn, mich bei jemanden in den Windschatten zu schmuggeln. Da ich direkt hinter Mario laufe, versuche ich es zuerst da. So richtig Schatten spendet der nicht, obwohl ich ihm fast in die Hacken latsche. Es hilft nix, ich muss ein paar Meter aufschließen, um die „Herde“ zu erreichen. Ich quetsch mich in die Mitte. Hier geht’s, obwohl wir mittlerweile alle schwer gegen den Wind kämpfen.
 
Bis nach Werl werden wir es mit dem eingeplanten Puffer von 30 Minuten bis zum Start nicht ganz schaffen. Die letzten Kilometer bis dorthin sind wirklich ätzend anstrengend, aber ab da hat man uns Rückenwind versprochen. Wie kommt man eigentlich an solche Informationen? Irgendwer Fluglotse bei uns?
 
20 Minuten vor dem Start vom offiziellen Part of the Day kommen wir in Werl an. Die Pause reicht für Pippi und fettes Hallo an die Lauffreunde, die heute erst ab hier einsteigen. Wir formieren uns neu und auch nicht mehr alle beieinander und schon startet der „Hauptlauf“. Ab hier läuft, rennt, wandert jeder, wie er möchte. Irgendwie zieht mich die Stimmung relativ weit mit nach vorne. Als ich mich umsehe, merke ich, dass alle Bekannten irgendwie abhanden gekommen sind. Ich bleibe stehen und warte… Thomas läuft an mir vorbei und gibt mir zu verstehen, daß der Rest gleich kommt. Komischer Moment. Ich bin es gewohnt, dass alle auf mich warten und nicht umgekehrt.
 
Ich bin froh als ich Micha, Günter, Biene usw. in der Masse wiederfinde und reihe mich erneut ein. Aber irgendwie passt das Tempo nicht mehr richtig zusammen. Günter und ich warten immer mal wieder, finden dann aber einen neuen Rhythmus. So laufen wir die letzten 10 km dann zusammen. Während Günter einen Schritt macht, muss ich drei machen. Ich bin einfach zu klein oder Günter zu groß. Trotzdem klappt es mit ein paar Gehpausen recht gut.
 
Nur noch 48 Kurven, Hügel, Kreuzungen und Ampeln und schon sind wir in Soest beim Zieleinlauf. Welcher Depp hat eigentlich hier zwischenzeitlich Kopfsteinpflaster verlegt? Der Mist lag doch heute morgen noch nicht da. Kopfsteinpflaster in Zieleinläufen gehören verboten. Eigentlich sollte man das im Grundgesetz verankern. Hauptsache ich flieg jetzt nicht auf die Fre… Ich muss mich wirklich konzentrieren, die Beine hoch genug zunehmen. Und nichts passiert. Ich komme ohne Sturz bis über die Ziellinie. Ich werte das mal als gutes Omen für 2023!
 
Das war’s also. Der Silvesterlauf-Marathon 2022. Es war großartig! Ich bin froh dabei gewesen zu sein. Froh, so viele geniale Lauffreunde zu haben. Danke Frank Pachura und Kerstin Greb fürs Organisieren. Danke Günter Zipplies, du warst ein super Leader auf den ersten 28 km und Danke für den Rest der Strecke, die wir zusammen gelaufen sind!
 
Allen ein glückliches und gesundes Jahr!
 

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