Laufende Batmen und -women

… und hängende Fledermäuse unter einem Dach

Ist es der besondere Reiz des LiDoMa, an dem ich schon mehrfach teilnehmen durfte und der mir immer einen Riesenspaß weitab der Jagd nach Bestzeiten bereitete?  Frank gelingt es nämlich immer wieder, uns mit Locations für den LiDOMA zu überraschen, an die Du im Traum nicht denkst. Sind es die Runden in einem Labyrinth in einem Maisfeld, der Besuch der Zeche Zollverein, das Laufen auf einer Rennpiste, spannender und aufregender geht’s nicht. Oder ist es der Wunsch und Wille, der Drang nach Laufen? Ist es die Kombination aus beidem? Denn langsam, wirklich gaaanz langsam taste ich mich nach langer Abstinenz wieder an „längere“ Distanzen heran, wobei der Begriff „längere“ sehr differenziert zu betrachten ist. Ist er doch völlig subjektiv und nach Trainingszustand oder -fleiß zu definieren.  Also für mich gilt für als länger jede Distanz über 10 und nicht mehr als 18, 19 Kilometer, um meinem Orthopäden Schweißausbrüche möglichst zu ersparen.

Die eingangs gestellten Fragen beantworten sich von selbst: Ja, und nochmals ja. Dabei ist der LiDoMa von der Konzeption ein Marathon, sagt ja auch das „Ma“. Allerdings hat sich in den letzten Jahren, aus meiner Sicht mehr schleichend und für mich als Glücksfall, die Möglichkeit ergeben, auch unterhalb der Marathondistanz finishen zu können. Und genau darin liegt für mich der Reiz. Ich will am LiDoMa XI im Fledermaustunnel Kückelheim aus sportlichen Gründen aber auch aus sozialen Aspekten heraus teilzunehmen. Die Freude und Genugtuung, viele Freunde und Bekannte zu treffen, nicht vergessen zu sein, treibt mich zum LiDoMa. Hinzu kommen Liebe und Sorgfalt, mit denen Kerstin und Frank, auch dank zahlreicher Helfer, uns ein immer wieder ein unvergleichliches Laufabenteuer bieten. Ich habe hierüber schon oft geschrieben, es kann aber nicht oft genug wiederholt werden.

Und dann ist da noch meine Tochter Anke. Eine Läuferin par excellence. Eine Aktive, die über den Boden zu schweben scheint. Sie, die mich vor vielen Jahren, in einem anderen Jahrtausend zum Laufen animiert hat, gewann den LiDoMa auf der Zeche Zollverein und wird auch im Fledermaustunnel starten.

Der Name des Ortes ist mir noch nie begegnet, auch der Tunnel ist mir völlig unbekannt. Da wir aber in einem stillgelegten Eisenbahntunnel laufen, müsste ich doch dazu etwas finden. Als Eisenbahnfan besitze ich nämlich Kursbücher der DB aus den 50er Jahren. Deshalb ist es nicht schwierig, daß ich mich mit dem Zugverkehr auf der Strecke befasse. Für den Fachmann: Es ist die Kursbuchnummer 239h. Unschwer zu erkennen: Im Jahre 1954 wäre der Lauf nicht möglich gewesen ohne wiederholt das Gleis zu verlassen und sich in den Nischen zu verkrümeln.

Also, nix wie hin an den Ort des Grauens und der Blutsauger. Aber wie tritt man den schrecklichen Ungeheuern entgegen? Einfach so, in Laufklamotten? Nein, das wäre zu einfach. Man muss ihnen imponieren. Und das geschieht am besten, wenn man noch gruseliger Auftritt als die kleinen Geschöpfe. Da hat Anke die zündende Idee. Wie wäre es, wenn wir uns so gruselig markieren, daß sie in ihren Verstecken im Tunnel bleiben und uns nicht erschrecken können? Zum Glück ist sie mit einer Frau befreundet, die als Maskenbildnerin arbeitet. Schnell entscheiden wir, jau, die macht das.

Wir treffen uns Samstagmorgen zum Schminken. Und das ist das Ergebnis. Gut gelungen, so die einhellige Meinung der bis dahin Beteiligten. Wie gehen davon aus, von jedem Polizisten auf dem Weg zum Tunnel angehalten und kontrolliert zu werden.

Frisch geschminkt und guter Laune machen wir uns auf den Weg nach Fehrenbracht. Ohne Navi hätten wir uns hoffnungslos verfahren und hätten das Ziel nie erreicht. Die Örtlichkeit ist sogar so abgelegen, daß Handyempfang und Internet nicht möglich sind. Ein Paradies für Batmänner und -frauen, den Unmut der Anwohner über diese Zustände kann ich aber nachvollziehen.

Nach etwa 1, 5 Std Fahrt „über die Dörfer“ sind wir am Ziel. Wir lernen Ortsnamen kennen, die in der Schule beim Heimatkundeunterricht keine Rolle spielen.  So gibt es sogar eine Ortschaft Recklinghausen, die allerdings von der Einwohnerzahl mit der Stadt im Ruhrgebiet nicht mithalten können.

Empfangen von einigen gruseligen Gestalten, die sich aber als gute Freunde und Bekannte entpuppen, gehen wir zum Tunneleingang, in dem das Organisationsbüro sowie der Versorgungsstand untergebracht sind. Obwohl ich nicht mehr so intensiv und so oft laufen kann, und ich demzufolge viele Freunde und Bekannte lange nicht gesehen habe, werde ich herzlich begrüßt. Das zeigt mir, ich bin nicht vergessen. Das tut unheimlich gut.

Frank hat auch wieder die zwei Sanitäter engagiert, die schon bei vielen LIDOMA-Läufen dabei waren. Heute allerdings ohne Motorrad, denn der Tunnel darf nicht befahren werden. Wir stellen uns einige Zeit vor dem offiziellen Starttermin als grauenvolles Ensemble dem Fotografen. Es muss schnell gehen, wir wollen keine Zeit verlieren.

Der Tunnel ist ca. 700 Meter lang. Für den Marathon sind 16 Runden vorgesehen, also 32 mal Fledermäuse ärgern. Wie viele Runden ich schaffen werde, läßt sich im Vorhinein schlecht kalkulieren, ich werde mein Tempo im Lauf- und Gehrhythmus durchziehen. Nach jedem Tunneldurchlauf müssen wir noch einige hundert Meter im Freien bis zu einem Wendepunkt zurücklegen, ehe wir eine 180° Kehre vornehmen.

Pünktlich, naja fast pünktlich läßt uns Frank auf die Strecke. Wir laufen sofort in den Tunnel, dessen Strecke für Hin- und Rücklauf durch Kerzen in 2 gleiche Wege geteilt ist. Etwa 80 Batmen und -women bevölkern zusätzlich zu den tausenden „Einwohnern“ die Örtlichkeit. Anke ist schon voraus, führt das Frauenfeld an. Zunächst laufen alle leicht bergab, angenehm, tut gut. Boah, der Rückweg ist anstrengend. Du merkst die Steigung sofort,

Nach wenigen hundert Metern passiert es, ein Batman tritt versehentlich eine Kerze um und bekleckert mich mit Wachs. Hose, Hüfttasche und das neue Shirt sind gesprenkelt.  Wie unter Sportlern üblich regeln wir das, und gut ist. Das kleine Malheur tut meiner guten Laune keinen Abbruch.

Ich laufe mit Maike und erzähle ihr meinen medizinischen „Werdegang“ der letzten Zeit. Sie als Ärztin hat Verständnis für mich und kann die einzelnen Schritte gut nachvollziehen. So laufen wir eine Runde zusammen, bis ich versuche, das Wachs einigermaßen zu entfernen. Und ich gehe, ich nehme mir die Zeit langsam vorwärts zu kommen. Möglichst risikoarm will ich einige Runden zurücklegen. Anke liegt nach meinem Ermessen vom Start weg an der Spitze der Frauen, wir begegnen uns oft im Tunnel, bald wird sie mich überrunden, es ist eine Frage der Zeit. Sie scheint über dem Boden zu schweben, kein Wunder bei dem Leichtgewicht.

Ich laufe und gehe, genieße die üppige Versorgung, die natürlich auch Anlass gemäß mit Weingummivampiren eines führenden deutschen Herstellers weicher Bonbons bestückt ist. Hinzu kommen allerlei andere Köstlichkeiten, wie Salzlakritz, Salzbrezeln sowie kleine Würstchen und natürlich Getränke, von Cola bis zu stillem Wasser. Für die Party nach dem Lauf hat Frank sogar Bier, natürlich ohne Umdrehungen, einer namhaften Privatbrauerei aus dem Westfälischen bereitgestellt.

Er hat für jeden Teilnehmer einen mit seiner Startnummer beschriftenden Plastiktrinkbecher vorbereitet, die von der aufmerksamen und supernetten Helfercrew bei Bedarf aufgefüllt wird. Ebenso werden aufmerksam die Runden gezählt, und zwar jedes Mal, wenn wir vom Wendepunkt in Höhe einer Schreinerei zurück in den Tunnel laufen. Da kann man an einer großen Uhr auch die verstrichene Laufzeit ablesen. Ich muss alle Helfer*innen einfach mal loben. Ist schon unglaublich, was sie am zugigen Tunnelportal leisten. Der andere Wendepunkt befindet sich übrigens auf dem Weg nach Kükelheim.

Ich lege ausgiebige Pausen am Versorgungsstand ein, genieße die Atmosphäre und halte mich wg. Anke immer gut informiert. Sie ist derzeit immer noch Erste, und das mit großem Abstand zur Zweiten. Das freut mich natürlich, denn sie ist auf dem besten Wege, den Lauf bei den Frauen wieder zu gewinnen.

Nachdem es schon heute Morgen und am Mittag in Schauern geregnet hat, setzt nun Dauerregen ein. Aber wir Läufer können das ab. Mit guter Laune und Sonne im Herzen absolvieren wir unsere Runden. Der Kilometerschnitt ist mir heute völlig wurscht, ich bin unter den Leuten, die ich mag. Und das gefällt mir. Inzwischen hat sich auch mein Lauffreund Peter eingefunden, der den weiten Weg aus Dortmund nicht gescheut hat, uns anzufeuern.

Nach 7 Runden beende ich den LiDoMa mit 18,6 Kilometern. Ich will nichts riskieren, höre auf. Mir geht es ausgezeichnet, keinerlei Beschwerden am Ersatzteil. Viele Köstlichkeiten einschl. des erwähnten Bieres erwarten mich. Und ich gebe mich dem Genuß ausführlich hin. Anke läuft immer noch mit einem satten Vorsprung auf die zweite Läuferin.

Die ersten Batmen finishen. Der Sieger läuft in einer unglaublich schnellen Zeit für diesen Kurs bei strömendem Regen ins Ziel. Anke hat noch einige Runden vor sich. Der Regen wird immer stärker, von einem Schauer kann keine Rede mehr sein. Ich ziehe mich am Auto schnell um, denn ihren Zieleinlauf will ich miterleben, zelebrieren. Wer hat ihr wohl diese Gene vererbt? Gebannt starre ich auf die Uhr. 4:05, Anke ist auf der letzten Runde, 4:08, sie ist nicht zu sehen, 4:09 sie taucht aus dem Regen auf, 4:10, noch wenige Meter. Sie finisht in 4:10:15. Super, meine Tochter gewinnt den LiDoMa zum zweiten Mal.

Wenn das nix ist. Wir wollen der besten Ehefrau der Welt die freudige Nachricht sofort mitteilen. Ach ja, wir sind ja hier ganz abgeschieden, Handyempfang und Internet befinden sich in einer anderen Welt. Also ist Warten angesagt. Aber zunächst müssen die Sieger und Platzierten gewürdigt werden. Frank hat sich auch für die Ehrung wieder etwas Besonderes einfallen lassen. Die jeweils ersten drei bei den Frauen und Männern bekommen einen Pokal, der/die erste zusätzlich einen Lorbeerkranz. Die Tochter freut sich riesig, denn sie hat im Traum nicht damit gerechnet. Nach zahlreichen Glückwünschen, der heftige Dauerregen tut keinen Abbruch – wir befinden uns immerhin im Tunneleingang -.

Auf der Heimfahrt erlebe ich durch Ankes Schilderung den Lauf noch einmal. Endlich können wir auch die beste Ehefrau über die Veranstaltung unterrichten. Daß dann auch noch der BVB gegen Mönchengladbach gewinnt, werten wir als kleine Zugabe zu einem gelungenen Nachmittag.

Fazit: Frank und Kerstin haben mit ihren vielen Helfer*innen einen hervorragend organisierten Marathon geboten. Ich frage mich, woher Frank die Ideen für die jeweiligen Orte hat. Das muß er mir aber noch verraten.

 

1 thoughts on “Laufende Batmen und -women

  1. Hallo Wolfgang. Du hast den Lauf im Fledermaus Tunnel wieder toll beschrieben. GLÜCKWUNSCH. Was Kerstin und Frank veranstalten ist schon toll. Weiter so!

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