Bei der Vorbesprechung zu Frank Pachuras TtdR lernen wir Beate und Markus kennen. Mit ihnen und Markus‘ Schwester Bettina bilden wir die Betreuungscrew für den Lauf. Zwischen uns stimmt sofort die Chemie, und wir sagen spontan zu, am Höinger Heidelauf teilzunehmen, den Markus verantwortlich mit veranstaltet.
Gegen Mittag des 18. Juni fahren Uwe, Dirk und ich also nach Höingen, einem mir bis dahin ziemlich unbekannten Ort im Kreis Soest, zum vermeintlich härtesten 10er ebenda. Und wenn ich mir das Profil der Strecke ansehe, alter Falter, an dem Prädikat ist was dran. Mein Ziel ist bekanntlich die Teilnahme am 5er, für mich ein Schnupperlauf, ein Testlauf, um den Wiedereinstieg in die Wettkampfszenerie zu prüfen, während Uwe und Dirk sich natürlich für die Langdistanz entschieden haben.
Mich reizt, und das will ich nicht unerwähnt lassen, auch das umfangreiche und mit viel Liebe und Engagement bereitgestellte Kuchenbüfett. Ich weiß, dass Beate und Bettina zusammen mit ihren Helferinnen sehr um das leibliche Wohl der Sportler besorgt sind. Ich lasse mir von Bettina spontan ein Stück Schokoladenkuchen mit dem Emblem des Laufes zurücklegen.
Höingen entpuppt sich als kleines, ansehnliches und mit schmucker Bebauung gespicktes Dorf in der Gemeinde Ense. Hier, einige 100 Meter unterhalb der eigentlichen Bebauungsgrenze und am Ende der asphaltierten Straße befindet sich das Karl-Kleine-Stadion des Höinger SV. Es gibt nicht nur den Fußballplatz mit umfangreicher Peripherie, also Gaststätte, Dusch- und Umkleideräumen sowie Küche und Abstellmöglichkeiten, sondern auch eine Tennisanlage und ein Heim für Sportschützen.
Hm, wie gesagt, der Sportplatz befindet sich unterhalb der Bebauung, m. a. W., Du mußt unmittelbar nach dem Start hier hoch laufen. Mir wird schon beim Berühren mulmig. Auf was lasse ich mich da ein?
Wir werden von unseren Freunden herzlich begrüßt, erhalten die Startnummern und bereiten uns individuell auf den Start vor. Meiner ist um 14:30 Uhr, während die 10er um 15:15 Uhr auf die Strecke gehen. Hoffentlich bin ich rechtzeitig zurück, um meine Freunde Dirk und Uwe beim Start anzufeuern.
Ich begutachte erstmalig den Startbereich. Beide Läufe werden an gleicher Stelle gestartet, und zwar mitten auf dem Sportplatz. Es herrscht schon emsiges Treiben, es wird gedehnt, angespurtet, gelacht und gescherzt. Ungebete Gäste mischen sich zu Hunderten unter die Läufer: Es sind Käfer, die sich, angelockt durch die grünen und gelben Laufshirts, auf eben diesen niederlassen.
Pünktlich schickt uns Markus auf den Kurs. In einem rechten Bogen laufen wir zunächst durch den späteren Zielkanal, dann aus dem Stadion und links in die erste Steigung hinein. Mir verschlägt es nach wenigen Minuten den Atem. „Luft, Luft“, signalisiert mir meine Lunge. Ich atme schwer und versuche, so viel Atemluft wie möglich aufzunehmen. Boah, das wird ein hartes Brett, alter Falter. Gut, dass ich mir keine Zielzeit vorgenommen habe.
Nach Erreichen der ersten Häuser biegen wir flach rechts ab in einen kleinen Weg, der mich einige Meter verschnaufen läßt. Ein Blick zu meiner Garmin 310 High-Ted-GPS-Uhr zeigt mir mein aktuelles Tempo von über 6 min/km an. „Na und?“ sage ich mir. „Macht doch nichts.“
Bis zur Kilometermarke 1 vergeht eine gefühlte Ewigkeit. Immer noch quälen mich Atemprobleme. Laufe ich zu schnell? Fehlt mir die Wettkampfpraxis? Keine Ahnung, ich weiß nur: Ich. werde. finishen. Punktum. Mir kommen die schnelle Läufer entgegen.
Nach gut 2 Kilometern erreiche ich den Versorgungspunkt. Noch nie hat mich Wasser so erfrischt wie heute. Aber was ist das? Aus den Augenwinkeln erspähe ich eine Wand vor mir, eine Steigung der feineren Art. Und da soll ich rauf? Und wie soll ich rauf? Laufen? Kaum. Also gehe ich. Stramm, wie ich es schon so oft bei meinen Laufversuchen getan habe. Wichtig ist für mich dabei, dass ich ausreichend Luft bekomme. Oben angekommen verfalle ich wieder in meinen Trab.
Diese Strecke ist nach meinem Dafürhalten sehr anspruchsvoll. Markus behauptet zwar, sie wäre für Einsteiger geeignet, mag sein, für mich als Flachländer ist sie eine große Herausforderung.
Kilometer 3 ist erreicht. Ich rechne hoch. Bis 15:15 Uhr kann ich es locker schaffen, wenn ich mein „Tempo“ beibehalte. Inzwischen bin ich in einer Gruppe mit 4 jungen Männern, denen das Vorwärtskommen ebenfalls schwerzufallen scheint.
Gehend und laufend bin ich bei Kilometer 4. Hier ist doch was? Genau, gleich laufe ich den Weg , der mir nach dem Start ob seiner Steigung sehr zugesetzt hat, entgegengesetzt, also runter. Es geht zum Stadion. Ich kann sogar noch ein wenig Tempo aufnehmen, bevor ich wieder den Rasen des Sportplatzes betrete. Roland Ritter empfängt mich, fotografiert mich. Uwe und Dirk stehen im Zielbereich. Mein Zieleinlauf wird ebenfalls per Foto dokumentiert.
Puh, 5 Kilometer sind erfolgreich beendet. Mein erster Wettkampf seit November 2015 ist vorbei. Und ich kann Dir sagen, es ist ein verd**** hartes Brett, auch der 5er.
Und die Zeit? Bei 38:21 drücke ich die Uhr ab. Ich bin restlos zufrieden. Der Test ist gelungen. Ich werde aber noch einige Zeit benötigen, um (hoffentlich) bald wieder mehr Wettkämpfe bestreiten zu können. Ein Anfang ist gemacht, auch wenn ich mehrfach Schwierigkeiten mit der Atmung habe. Aber ich schiebe das auf die ungewohnte Schwere der Strecke. Die beste Ehefrau der Welt wird selbstverständlich umgehend in Kenntnis gesetzt.
Ich verabschiede Uwe und Dirk auf den 10er. Macht’s gut, auf Euch warten auch einige Steigungen.
Ich dusche erst einmal ausgiebig, gönne mir dann den von Bettina gebackenen und netterweise zurückgelegten Kuchen mit einer Tasse Kaffee. Anschließen muss ich natürlich auch Beates Kuchen essen. Schmeckt auch hervorragend.
Tja, und dann gilt es, das Einlaufen meiner Freunde zu bejubeln. Kaum zu glauben, Uwe erreicht nach gut 45 Minuten das Ziel. Dirk folgt einige Minuten später.
Und jetzt beginnt der schönste Teil für uns. Das Runterkommen, das Entspannen und das Genießen der Köstlichkeiten, welche uns die Frauen aus dem Höinger SV anbieten.
Uns stört der einsetzende Regen nicht. Wir sitzen unter einem Vordach oberhalb des Sportplatzes. Die Urkunden werden wir uns später aus dem Internet drucken. Zufrieden und entspannt fahren wir nach Hause mit der festen Absicht, im nächsten Jahr wieder am Heidelaut teilzunehmen.
Wer weiß, vielleicht nehme ich mal den 10er unter meine Laufwerkzeuge.