Zu Besuch bei der Winterlaufserie

Irgendwie bin ich in diesem Jahr nur zu Besuch bei der Nike-Winterlaufserie des ASV Duisburg. Sind Claudia und ich zum ersten Lauf der kleinen Serie noch die 24 Kilometer hin gelaufen und sind dann mit Lauffreundinnen als Pacer die 5 Kilometer gelaufen, so wollte ich heute gleich mal beide Rennen Laufen. Nach dem Marathon in Bertlich am Sonntag hatte ich das Training heruntergefahren (Link). Etwas Ruhe muss ja auch sein, denn Bertlich mit einer 3:26er Zeit war schon etwas anstrengender, als man selbst wahrhaben will.

Ich wollte zunächst wieder Anja pacen. Das hatte ich schon beim ersten Lauf gemacht (Link). Da Anja Mitglied in unserem TorTour de Ruhr TC Support Team 2016 sein wird ist es für mich selbstverständlich, diesen Job auf ihren Wunsch (!) – es gibt tatsächlich Leute, die sich von mir zwei Mal anschreien lassen wollen – wieder anzunehmen.

DSCN3573Das Wetter war mal wieder regnerisch angesagt, aber wir hatten Glück. Vor dem Start war es trocken und die Windböen schienen auch nicht so stark, wie befürchtet. Wir treffen uns wie immer am Zelt der Ausdauerschule, wo unsere Taschen bewacht und sicher vor Regen liegen bleiben können. Ich lief mich mit den Kollegen und Trainer Roman vorschriftsgemäß warm, dann ging es schon an den Start. Anja musste noch einmal die Sanitären-PVC-Kabinen aufsuchen, leider fiel Ihr das erst 7 Minuten vor dem Start ein. Die Schlange war entsprechend und gerade 1 Minute vor dem Start kam sie angehastet. Wir hatten so eine Pace von 4:45 ins Auge gefasst, das wären 4 Sekunden langsamer als vor drei Wochen für die 5 Kilometer. Aber heute sind es ja 7,5. Leider litt Anja ein wenig unter Heuschnupfen und bekam suboptimal Luft. Also sah ich das mal als Maximalpace an. Zum Start hinter der Haupttribüne des ortsansässigen künftigen Drittligisten ging es zunächst eine Einführungsrunde, wie vor der Streckenänderung 2013 auch beim 10-Kilometer-Lauf der großen Serie. Der erste Kilometer geriet mit 4:32 natürlich zu schnell, jetzt hieß es, schnell auf das Plan-Tempo zu kommen. Vor uns liefen Ute und Karin aus der Ausdauerschule, Anja kennt die natürlich noch, ist ehrgeizig und versucht dran zu bleiben. Wäre jetzt aber tödlich. Am zweiten Kilometer laufen wir wieder entlang der Startgasse, hier stehen noch einige Zuschauer und Starter der großen Serie. Das gibt Kraft, wir halten hier genau das geplante Tempo.

Dann geht es hinter der Regattatribüne auf den Kameraweg zwischen Parallelkanal und Regattabahn. Alles schön glatter Asphalt. Anja keucht bereits ziemlich, das Tempo wird heruntergefahren. Die nun erreichten 4:55 sollten wir halten können. Es war wieder dasselbe. 15 Sekunden zu schnell im ersten Kilometer und der Lauf ist auf diesen Kurzdistanzen erledigt. Ich versuche es mit „Jetzt sind wir schon hier“, „Schon da“, „Schon die Hälfte“. Anja läuft diesmal aber artig mit und bleibt nicht immer weiter zurück. Es geht über den Kanal und eine kurze Schleife durch den Wal20160220_143238d. Anja hält sich gut, das sage ich ihr auch. Langsam muss ich aber aufpassen, dass wir nicht immer langsamer werden. Aber das klappt mit den alten Klassikern „Wir sind auf dem Rückweg“ und „Wenn Du langsamer wirst, ist es genauso sch….. und dauert nur länger“ ganz gut. Einmal zurück am Kanal geht es ganz schnell. Erst auf der Friedrich-Alfred-Straße, die durch die Sportschule Wedau führt, merkt man richtig den Gegenwind. Aber das ist nur ein kurzes Stück. „Noch 500 Meter.“ Es geht rechts ab zum LA-Stadion. Ich versuche, zum Tempomachen anzuregen. Aber da scheint nicht mehr viel zu gehen. „Los, Innenbahn“, lotse ich Anja auf das Tartangeläuf. „Lass keinen mehr vorbei, jeder Platz zählt“. Ich weiß um Anjas Ehrgeiz und hoffe, sie damit motiveren zu können. Klappt ganz gut. Die letzten 200 Meter ab der Kurve. „Los, los, wird noch eine 36er Zeit.“ Die wird es locker, aber das muss ich ja nicht sagen, denn bei Anjas Uhr ist das Armband kaputt und sie hat die in der Tasche. Dann hat sie es geschafft. 36:37 Minuten für 7,5 Kilometer. Wir freuen uns, dann angesichts der Heuschnupfenprobleme von Anja kann sich diese Zeit durchaus sehen lassen. Ist für uns beide Bestzeit, denn 7,5 sind wir eh noch nie gelaufen.

Ich denke, Anja wäre in beiden Läufen nicht so schnell gelaufen, wenn sie mich nicht als Orientierung gehabt hätte. Ihr unbändiger Ehrgeiz hätte sie zur früh zu schnell werden lassen, den Fehler hatte ich heute fast selbst gemacht, aber eben noch korrigieren können. Ich lassen Anja auf ihren Stefan wartend im Zielbereich zurück, denn ich muss bereits wieder zum Bunert-Zelt. Mein zweiter Start wartet. Ich fühle mich noch frisch und gut eingelaufen, jetzt aber warten 15 Kilometer auf mich. Ich setze mir eine trockene Kappe auf, dann gehe ich mit meiner Claudia, Yvy und Henning wieder ins Starterfeld.

Im Ziel der 7,5 km mit Anja. Alles gut.

Der 15-Kilometer Lauf

Hier treffe ich noch Michael und Cousin Andre, dazu Arndt aus unserer Trainingsgruppe. Ich fühle mich super und habe keine Probleme. Wir unterhalten uns noch, dass es super anstrengend sein kann, im Training allein dasselbe Tempo zu laufen, während du hier im Wettkampf das locker daherläufts. Eben, weil Du nicht an Deiner Grenze bist und vor allem, Deine Konzentration auf andere gerichtet ist. Schon ertönt der zweite Startschuss. 4:47er Pace hatte ich vorgegeben. Claudia wollte mir nicht folgen, Yvy und Henning vielleicht, Arndt ganz sicher. Los ging es. Wir fanden rasch unser Tempo. Hier verläuft die Strecke zunächst um die Regattabahn herum auf die Masurenallee, welche uns mehrere Kilometer geradeaus zum Waldgebiet der Sechs-Seen-Platte führt. Glatter Asphalt, ehe dann einige Kilometer Wald auf uns warten. Ich bremse Arndt ein wenig ein, denn ich weiss, dass er bei 4:40er Pace viel Glück bräuchte, das nach Hause zu bringen. Nach zwei Kilometern kommt Henning von hinten: „Ihr seid aber schneller.“ Ja, sind wir, drei und zwei Sekunden auf Kilometer 2 und 3. „Die sind aber ganz schnell am Aussichtsturm wieder weg, lieber hier auf Asphalt etwas flotter, im Wald wirst Du von alleine langsamer.“ Denn da sind bekanntlich die Räuber, die die Pace klauen. Henning lässt sich wieder zu Yvy zurück fallen, die unser Tempo nicht hält, was ich persönlich auch vernünftig fände. Kurz darauf ist er wieder da. „Was machst Du?“ frage ich. „Hab geguckt, wo Yvy bleibt.“ „Die kennt den Weg, die ist zum 5. oder 6. Mal dabei“, kommt von mir. „Lauf Dein Rennen.“ „Ist sogar ausgeschildert“, setzt Arndt noch einen drauf. Man muss ja nicht immer zusammen laufen. Henning läuft also mit uns weiter. Schon sind wir im Wald, 4:47 und 4:44 lauten die Durchlaufzeiten an den Kilometermarken. Läuft. Mir geht es super, es rollt halt, trotz der bereits gelaufenen Kilometer.

Es geht bergan, um den Hügel mit dem Aussichtsturm herum. Das sind nicht viele Höhenmeter, aber hier auf dem 7. Kilometer ist es halt etwas wellig, das kostet immer Pace oder Kraft, je nachdem, wie man es angeht. Wir schaffen mit Henning und Arndt die 4:45, dann geht es ein kurzes, steileres Stück hinab. Ich lasse laufen. Hart prallen meine Sohlen auf dem Boden auf, da spüre ich irgendein Ziehen im hinteren Oberschenkelbereich. Man misst dem keine Bedeutung bei, aber unten wird es schlimmer. Wir nehmen wieder Tempo auf, aber der Schmerz zieht sich den ganzen Muskel entlang bis in die Kniekehle. Mit „läuft sich raus“ ist nach 500 Metern Schluss, ich wünsche meinen Begleitern viel Glück und bleibe am Rand stehen. Erst einmal Dehnen, leicht in die Knie, das lädierte Bein strecken und Fußspitze hoch, Oberkörper hinab. Leichtes Antraben, geht nicht. Der Schmerz nimmt zu. Das ist ein Nerv, kein Muskel. Das spüre ich. Ich legen mein Bein gestreckt auf einen Zaunpfahl am Wegesrand. Yvy kommt vorbei, sie kennt das, hat auch oft Probleme mit dem Ischiasnerv. Das scheint es zu sein. Wieder langsam antraben. Claudia kommt vorbei. Ist die flott! Ich rufe kurz, was los ist, sie läuft weiter. Was auch richtig ist, sie kann eh nichts tun. Leider bin ich hier am Weitesten von der „Zivilisation“ entfernten Punkt. Ich muss also irgendwie zurück laufen. Also langsam antraben. Ganz langsam geht relativ schmerzfrei. Kaum werde ich automatisch schneller, schmerzt es mehr. Egal, nur nichts riskieren.

Am VP, der hier Wasser anbietet, trinke ich, dehne ein letztes Mal und weiter geht es. Langsam, aber es scheint in dem Tempo doch langsam besser zu werden. Zeit und Platz sind mir völlig egal, das ist Training. Ich denke daran, dass ich ja eigentlich nur den 15er Laufe und mein Körper halt nach 7,5 + 7,5 Schluss machen wollte. darüber muss ich fast lachen. Kurz vor Kilometer 10 hole ich eine Läuferin und einen Läufer vom AS Neukirchen-Vluyn ein. Er scheint auch der Pacer für sie zu sein. unterhält sich aber gerade mit dem Läufer zu seiner rechten. Um nicht noch wieder schneller zu werden, bleibe ich dabei. Sie sagt nicht viel – kein Wunder, läuft ja auch am Anschlag. Ich unterhalte mich ein wenig mit dem Pacer, der Triathlet und somit auch langstreckenerfahren ist. Schnell ist man bei 100 Meilen, Langdistanz. Der Läuferin müssen die Ohren klingeln. Die wollten so 5er Pace laufen, wir sind knapp drunter. Mit meinen Gymnastikpausen ist meine Gesamtpace auf 4:55 gesunken, also bin ich bei denen richtig. Ich merke es, aber es schmerzt nach einem Kilometer nicht mehr wirklich schlimm. Ich hoffe, dass ich keine Schonhaltung einnehme, denn das gibt dann Probleme woanders. Aber es geht schnell dahin. Schon sind wir wieder auf dem Rückweg auf der Masurenallee. „Entweder ihr seid ruhig oder ihr überholt“, grummelt schließlich der ältere Läufer vor uns. „Was ist los? Herrscht Schweigepflicht ab Kilometer 10? Wir sind nicht in der Sauna“, gebe ich zurück, wir überholen aber dennoch. 4:47, 4:48. Es läuft nun auch wieder im Tempo, aber ich horche nur noch in mich hinein. Es wird wieder etwas stärker, ich bin also wieder zu schnell. Gut, dass das unser „Pace-Opfer“ auch findet. Wir sind am Parallelkanal, das ging schnell. Noch 3 Kilometer, das geht jetzt schnell. Muss ich mir Sorgen machen? Nun ja, weg ist es halt nicht und so’n Ischiaskram kann langwierig sein. Aber jetzt erst einmal den Lauf zu Ende, noch langsamer geht es ja noch besser. Ruhig bleiben. Mein zweiter Stadioneinlauf, Am Ende sind wir unter 4er Pace. Ich versuche, Ihre Aufmerksamkeit auf den Laufstil zulenken und fordere auf der Gegengeraden noch auf, die Arme mit zu nehmen. Scheinbar mit Erfolg. Wir schaffen es unter 1:14. Ich  bin zufrieden. Vor allem, dass ich doch noch20160220_162143 so zu Ende laufen konnte. Wir machen noch ein paar Fotos, dann sehen wir Claudia, Yvy und die anderen. Claudia ist tatsächlich neue Bestzeit gelaufen. 1:12:43!  Ich zitiere hier mal ihr Facebook-Posting:

„Bähm…… ungeplante PB auf 15 km!
Ich hatte über Krombacher einen Startplatz für diesen Lauf gewonnen und wollte mir zwischen Marathon und Ultra eigentlich nur einen chilligen Lauf machen. Deshalb hab ich Yvy und Henning schon bei km 1,5 laufen lassen und bin selbst so vor mich hingelaufen. Zu schnell, zu schnell…. ok bei 5, wenn es in den Wald geht, nimm ich aber raus… hat nicht funktioniert. 🙂 Ca. bei km 7,5 schloss jemand zu mir auf und wir liefen nebeneinander her. Nachher Thomas dann ungefähr bei 8 mit einem verklemmten Nerv stand und wir ein paar Worte wechselten, sprach mein Mitläufer mich an. Während des weiteren Laufes wechselten ein paar Wörter zwischen und her z.B. bei km 10 als ich auf meine Uhr sah und laut „Ach du Sch…“ sagte, da das meine zweitbeste 10er Zeit war. 🙂 Bei Km 13 meinte ich dann, er solle ruhig davon ziehen, wenn er wolle, meinte er dann nur, dass er nur so schnell laufen könne wegen mir, da er jetzt auch nicht mehr abreißen lassen wollte. 🙂 Also weiter in Richtung Ziel. Lieben Dank an die 2 LC-Gruppen für die Anfeuerungen. Im Stadion dann nochmal ein wenig Fahrt aufgenommen – Endspurt ist ja sooooo schön. Und da war die neue PB sogar recht entspannt. Irgendwie hat heute alles gestimmt und der Wettergott hatte ja auch ein Einsehen mit uns.“

Claudia und unsere Mitläuferin kennen sich. „Das ist Deine Frau?“ Sie kennen sich vom Zahnarzt. Auch nicht schlecht. Die Welt ist halt klein. Auch Arndt bedankt sich bei mir für das Bremsen zu Beginn. Beim Gehen zum Zelt merke ich, dass es wieder schmerzt. Ich werde es wärmen und wenn nötig, auch eine Woche Pause machen. morgen geht es auf die langsame „Wildschwein-Runde“ mit Marco und Kim, Yvy und Henning. Sollte es da Probleme geben, höre ich sofort auf. Jetzt Wärme, Salbe und abwarten. So schnell haut mich nichts um.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert