Es ist Sonntag, 22. März 2020. Früher Nachmittag. Wir haben zurzeit Ostwind. Und mit ihm kommt wie so oft sonniges, aber kaltes Wetter. Kerstin und ich drehen gerade eine kleine Laufrunde durch den Wald. Viele Menschen sehen wir nicht. Nur ab und zu kommt uns jemand mit seinem Hund entgegen. Dann laufen wir ganz am Wegrand hintereinander und der Hundebesitzer drückt sich soweit es geht auf die gegenüberliegende Seite. „Abstandhalten“ ist das Motto dieser Tage. Und „Zuhause bleiben“. Mit Ausnahme dieser kleinen Runde zum frische Luft schnappen, halten wir uns auch daran.
Unterwegs reden wir nicht viel. Wir traben ohne viele Worte nebeneinander her und gehen beide unseren Gedanken nach. Es sind komischen Zeiten. Oder eher unsichere Zeiten. Niemand weiß so richtig, wie er mit den anstehenden Problemen umgehen soll. Die meisten Menschen wollen vorsichtig sein und sich an die zurzeit wichtigen Regeln halten. Ein paar finden es nach wie vor übertrieben. So wie der junge Mann, der sich heute Morgen beim Bäcker darüber gewundert hat, dass er dort nicht mehr frühstücken kann. Andere geraten in hysterische Panik. So wie die Hundebesitzerin, die gestern Morgen auf unserer Gassirunde in ca. 25 m Abstand in gleicher Richtung vor uns herging, sich plötzlich umdrehte und uns angsterfüllt zurief, warum wir denn den gleichen Weg gehen würden wie sie. Sie hatte regelrecht Panik in den Augen, ging dann 10 m seitlich auf eine Wiese, um uns vorbeizulassen. Achtlosigkeit ist auf jeden Fall ein schlechter Ratgeber. Aber Panik mindestens genauso.
Während wir weiter durch den Wald traben und uns der kalte Wind ins Gesicht weht, philosophieren wir darüber, wie es mit unserer Lauferei wohl weitergeht. Wie es mit dem ganzen Leben weitergeht. Bis Anfang Mai sind alle Laufveranstaltungen abgesagt. Erstmal bis dahin. Aber im Fernsehen wurde gestern gesagt, dass man nun zwei drei Wochen abwarten müsse. Erst dann könne man feststellen, ob die aktuellen Maßnahmen sich auswirken oder nicht. Aber selbst wenn sie sich auswirken, würde das ja nur bedeuten, dass die Neukranken, die dazu kämen, weniger werden. Die absolute Zahl wird weiter steigen. Und das verlangsamt den Verlauf der Pandemi, aber es bessert ihn nicht. Noch nicht. Noch lange nicht. Der Termin, an dem geschaut wird, wie es weitergehen wird, ist der 19. April. Das Ende der Osterferien. Wir haben alle noch die Hoffnung, dass dann ein normales Leben wieder in Aussicht steht. Aber das wird noch lange nicht so sein. Mit dem Virus werden wir noch Jahre leben. Auf jeden Fall wird alles anders sein. Auch nach Corona. Vor allen Dingen frage ich mich, wie man so einen Zeitraum mit Ausgangssperren wieder beenden will. Sagt man dann an irgendeinem Samstag: „So. Ab heute haben wieder alle Restaurants auf und ihr dürft wieder normal weitermachen!“ Dann rennen wir sofort alle los und bilden sofort wieder Rudel. Oder darf man dann erst zu dritt und dann etwas später zu fünft und dann irgendwann zu zehnt wieder nach draußen? Ich kann mir nicht vorstellen, wie das vernünftig geregelt werden kann. Das wird auch eine große Herausforderung. Wir werden es erleben.
Mein großes Ziel für dieses Frühjahr ist ja der Bambinilauf bei der TorTour de Ruhr. Oder sollte ich besser sagen: war? Sie ist noch nicht abgesagt, aber viel Hoffnung habe ich nicht mehr. Wir brauchen nur nach Italien oder Spanien zu schauen. Die haben einfach nur zwei drei Wochen Vorsprung. Es wird bei uns genauso werden. In den nächsten Wochen. Und dass sich bis Ende Mai das Leben wieder soweit normalisiert hat, dass man überhaupt wieder an Lauf- oder andere Veranstaltungen denken kann, kann ich mir – ehrlich gesagt – nicht vorstellen. Gestern Mittag habe ich mit einem Reporter vom Westfälischen Anzeiger, der Hammer Zeitung, telefoniert. Er möchte in der kommenden Woche einen Artikel über den LIDOMA XII schreiben. Nachdem ich voller Euphorie vom aktuellen und von den vergangenen LIDOMAs erzählt habe, fragte er mich, ob ich denn überhaupt glaube, dass der LIDOMA am 30. August stattfinden kann. Ich war kurz sprachlos, aber so verrückt war diese Frage gar nicht. Ich bin noch guter Dinge, aber wirklich sicher kann das überhaupt niemand sagen. Wir hoffen es, aber wer weiß…
Nun ja… wir hatten für die kommenden Wochen einige Läufe auf dem Plan. Den inzwischen neunten Marathon auf Föhr. Den 6h-Lauf in Lübeck. Den Halbmarathon in Mainz. Und dazwischen einige ruWels und ein paar kürzere Distanzen. Alles als Training für die TorTour. In unserer Wohnung haben wir für unsere Läufe einen Kalender an einer Tür hängen und nun sind auf ihm die ganzen Termine in den kommenden Wochen durchgestrichen. Jedes Mal, wenn wir einen Lauf durchsteichen, sind wir traurig. Mal schauen, was noch alles dazukommt.
Aber all das ist eigentlich egal. Das ist „nur“ Hobby. Zwar ein wunderschönes aber eben „nur“ unser Hobby. Es ist einzig und allein wichtig, dass wir durch die nächsten Wochen und Monate kommen. Und zwar möglichst gesund. Und ohne Hysterie. Und ohne Gleichgültigkeit. Halten wir uns einfach an die Regeln, die die Regierung und die Wissenschaft uns auferlegen. Und vielleicht hören wir nicht auf irgendwelche Pseudoexperten im Internet, die alles in Frage stellen, was gerade passiert. Es ist ein weltweites Problem und wir müssen jetzt alle gemeinsam mithelfen, dass das Ganze nicht in einer Katastrophe endet. Wir alle zusammen.
Viele Menschen sind jetzt schon am Rande ihrer Kräfte. Alle, die in Krankenhäusern oder Supermärkten arbeiten. Die Müllabfuhr, die Lieferdienste, die Klopapierhersteller,… bitte haltet durch. Für uns. Für uns alle. Wir danken euch für eure tolle Arbeit. Und wir tun unser Bestes, um euch nicht noch zusätzlich zu belasten. Wir halten uns einfach an die Regeln und bleiben so weit es geht zu Hause. Nur unser einsames Trainingsläufchen im Wald… das möchten wir noch weiter machen. So lange es geht. Zum Kraft, Sauerstoff und Vitamin D tanken. Und für ein gutes Gefühl. Bleibt positiv und vor allem gesund. Passt gut auf euch auf. Bald laufen wir wieder durch die Welt. Gemeinsam und mit viel Spaß.
Lieber Frank, liebe Kerstin,
jedes eurer Worte deckt sich mit meinen Gedanken und Emotionen. Auch bei mir nimmt das Laufen einen großen Teil meines Lebens ein. Aber: Auch bei mir ist es „nur“ Hobby. Klar ist es traurig wenn der Saisonauftakt nicht mit der tollen Stimmung des VENLOOPS startet. Doch der Kopf sagt einem, dass es irgendwann auch wieder anders sein wird. Hoffentlich! So rede ich es mir im Moment zumindest selber ein. In diesem Sinne: Zusammenhalten und zu Hause bleiben. Glück auf!
… so schön geschrieben….
Bleibt alle gesund – wir sehen uns beim nächsten Lidoma ♂️
Gruß Claudia und Detlef
Hallo Kerstin. Hallo Frank.
Du hast mit deinen Worten genau meine Gefühle und Gedanken ausgedrückt.
Bleibt gesund und wir sehen uns.
Guter Text. Schön, dass du was schreibst. Hat trotz des Themas etwas von Normalität, ein Blog-Artikel auf laufen-in-dortmund von dir.
Hallo Frank, Kerstin,
besser hätte ich es nicht formulieren können!
Gesundheit euch allen!!
Lieber Frank, liebe Kerstin
es ist ein strahlend blauer Himmel und klare Luft, aber die Welt ist etwas zum Stillstand gekommen. Ich wünsche uns ALLEN das wir gesund durch diese Zeit kommen und all den Menschen da draußen, die für uns da sind die nötige KRAFT dies durchzustehen❤❤❤. Ich hoffe, dass der Eine oder Andere einmal mehr nachdenkt, was wirklich wichtig ist in unserem Leben …und so wie du geschrieben hast, lieber Frank, sollten wir nicht in Hysterie verfallen, aber sehr achtsam mit unserem LEBEN umgehen und dabei nach vorne schauen…
Lieber FRANK, liebe KERSTIN
Auch ROSI und ICH sind zur Zeit zu zweit unterwegs.
Gut ist das sich viele daran halten.
Wenn der Weg nicht breit genug ist haben wir es so gehalten das wir gewartet haben bis der nötige Abstand erreicht war.
Nun ist es so das man sich einfach ein Lächeln „schenkt“ wenn nicht gegrüßt wird !
Einen LIEBEN GRUß in die LÄUFERRUNDE und bleibt ALLE GESUND !!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Das WIR uns früher oder später wieder „laufend“ sehen und GEMEINSAM wieder Spaß bei den Veranstaltungen haben.
GLG aus Dortmund ROSI und DETLEV