Das wird ein aufregender und ereignisreicher Pfingstsonntag. Denn Uwe und ich wollen als eins von drei Teams bekanntlich unseren Freund Frank Pachura bei seinem Ultra-Ultra über 100 Meilen im Rahmen der Laufveranstaltung TorTour de Ruhr unterstützen. Die Entscheidung fällt zugunsten einer punktuellen Betreuung, d.h. wir werden an vorher definierten Stellen an den Weg heranfahren, das Büfett aufbauen und Frank anfeuern. Eine andere Möglichkeit besteht in einer permanenten Radbegleitung.
Wir werden ihn im Mittelteil der Strecke mit allem versorgen, was (s)ein Läuferherz begehrt. Aus eigener Erfahrung wissen wir, was dem Körper grundsätzlich als notwendige Erfrischung und Energie zugeführt werden muss. Allerdings sind die Bedürfnisse der Läufer nicht gleich, denn der eine verträgt dies nicht so gut und die andere hat mit jenem Probleme. Insofern müssen wir gut vorbereitet sein, verschiedene Getränke und Snacks sowie Süßigkeiten vorhalten. Und Uwe hat einen SUV, da paßt viel rein, alles klar?
Die Temperaturen werden nicht so prickelnd, Grade im unteren einstelligen Bereich sind vorhergesagt.
Uwe und ich sind mit unseren Ehefrauen beim Start in Arnsberg. Hier herrscht reges Treiben, denn neben dem Start ist auch Zwischenstation und Verpflegungspunkt (VP) für die 230er Läufer. Es geht also sehr wuselig zu, denn hinzu kommen viele Angehörige und Freunde, die sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen und hautnah erlebt möchten. Es gibt ein großes Hallo, wenn Uwe und ich einen Bekannten in der Menge entdecken. Und wir treffen viele Leute…..
…und dazu zählt auch Thomas Kühnen, der hier bereits 82 Kilometer zurückgelegt hat
Frank macht einen lockeren, entspannten und frischen Eindruck. Wie es in ihm aussieht, naja. Um 18 Uhr werden die 100-Meilen-Läuferinnen und -Läufer unter dem Applaus der zahlreichen Zuschauer auf die Strecke geschickt. Nach einer Einführungsrunde gelangen sie dann auf den Ruhrtalradweg, dessen Markierung sie bis zum Ziel in Duisburg folgen werden.
Uwe und ich werden Frank um 4 Uhr in der Frühe am VP 130 (Hengsteysee unterhalb der Hohensyburg) „übernehmen“. Deshalb heißt es, früh in die Federn, Verzicht auf den ESC (der interessiert mich sowieso nicht) und alkoholfrei bleiben (auch kein Problem).
Frank ist sehr schnell unterwegs. Die Begleiter Beate und Markus melden um 20:35 Uhr: Frank ist schon in Echthausen, über 20 KM liegen hinter ihm. Um 21:53 hat er gar schon 30 KM geschafft. Wenn er weiterhin so flink unterwegs ist, gerät unser Zeitplan ins Wanken. Wir müssen improvisieren und die Übernahme nach entsprechendem Kontakt mit Beate und Markus auf den nach Hohensyburg folgenden VP 140 (Feuerwehr Wetter) verschieben. Aber das ist positiv, wir wollen dass unser Freund sich gut fühlt. Ihm scheint die Strecke bislang keine Schwierigkeiten zu bereiten.
Um 2:15 eine Nachricht von Uwe: Soll ich schon eher bei dir sein? Könnte 2:45 da sein!
Klar, kann er. Ich bin eh schon lange wach, genieße den heißen Kaffee, dann ein Blick auf mein Außenthermometer: +3°, und das am 15. Mai, am Pfingstsonntag. Boah, das ist für Frank vielleicht kein Zuckerschlecken, denn soooo kalt ist auch nicht gut. Aber ich denke mal, er ist angemessen gekleidet, vor dem Start hat er noch einmal die Laufhose gewechselt, von Radler auf lang.
Wir fahren los. Für die musikalische Untermalung habe ich mich, natürlich mit Uwes Zustimmung, für zuständig erklärt. Und wenn ich verantwortlich bin, ist Musik der 60er im Spiel. Einige CDs werden wir unterwegs hören, und Uwe lernt etliche Größen der damaligen Beatszene kennen: Gerry and the Pacemakers, The Hollies, Herman’s Hermits, The Beach Boys, The Honeycombs, The Animals, um nur einige zu nennen. Der Kenner unter Euch schnalzt mit der Zunge.
Es ist stockdunkel und bitterkalt, als wir die Feuerwache in Wetter erreichen. Auf dem Parkplatz ist es alles andere als ruhig, denn viele Betreuer sind mit PKW vor Ort, um ihre Freunde zu betreuen. Denn immerhin haben die 230er 140 Kilometer und die 160er etwa 70 Kilometer zurückgelegt. Du siehst hin und wieder das Licht der Stirnlampen aus dem Dunkel hervorkommen, garniert mit dem Schein von Fahrradlampen.
Beate und Markus sind schnell da, so können wir in aller Ruhe die Versorgungskisten umpacken. Nicht zu vergessen ist das gelbe Blinklicht, welches auf der Motorhaube angebracht Frank signalisiert: Hier sind wir, Deine Leute, hier ist Deine Crew.
Und es funktioniert: Während wir bislang Frank noch nicht zu Gesicht bekommen haben, taucht er plötzlich aus dem Dunkel auf. Markant ist neben der obligatorischen Stirnlampe seine gelbe Wind- oder Regenjacke. Rasch sind die Campingstühle hingestellt, damit er sich ein wenig ausruhen kann. Essen und trinken, dazu warme Brühe, die Laufuhr am Ladegerät, quatschen, resümieren, so spielt sich die kurze Ruhephase ab. Nur nicht zu lange pausieren, sonst kann der Körper zu sehr auskühlen.
Frank verschwindet in der Dunkelheit bei immer noch sehr niedriger Temperatur. Uwe und ich packen die Kisten und Stühle ins Auto, auf gehts zum nächsten Treffpunkt.
Und der ist in Witten, parallel zu einer von einer Museumseisenbahn betriebenen Strecke. Es ist zwar immer noch bitterkalt, aber es ist wenigstens hell geworden, so dass wir die Läufer erkennen und Bilder und Videos gelingen können. Hier gelingt mir ein kleiner Film, der auch bereits bei Facebook zu sehen ist.
Frank fühlt sich noch immer frisch, sein Gesichtsausdruck bestätigt dies. Wieder sitzen, essen, trinken und Laufuhr aufladen, einige aufmunternde Worte, und es geht weiter. Die ersten Schritte läuft er verhalten, nach und nach erreicht er aber wieder sein „Renntempo“.
Frank hat hier ca. 77 Kilometer auf der Uhr.
Ende #1, Fortsetzung folgt