… am 29. Juli 2023
Noch einmal in diesem Jahr werde ich an der Startlinie zu einem 6-h-Lauf stehen. Diesmal ist es ein Lauf in Bönen, der Lauf, der mich zum dritten Mal in seinen Bann zieht. Laufen auf einem alten Zechengelände, das zu einem kleinen schnuckeligen Park mutierte, das hat was. Allerdings gibt es zu Zeche und Turm eine wenig rühmliche Geschichte, auf die ich in meinem Bericht zum letztjährigen Lauf ausführlich eingegangen bin. Wer will, kann das dort gerne nachlesen.
Meine Vorbereitung verläuft in diesem Jahr alles andere als optimal. Tempoläufe oder schnellere Trainingsläufe, die ich seit Jahren im Rahmen der Vorbereitung absolviere, finden aus unterschiedlichen Gründen nicht statt. Liegt es am Alter, an der Lustlosigkeit, an Postcovid-Erscheinungen oder den „Nachwirkungen“ des Bornekamp-Laufes? Ich weiß es nicht. Ich versuche allerdings, 3x pro Woche zu laufen, in meinem Wohlfühltempo – rentnergeeignet – und mit wechselnden Laufpartner*innen. Besonders freue ich mich, wenn Karola mitläuft, eine der Aktiven aus meiner „Kükengruppe“. Um die Auswirkungen und negativen Begleiterscheinungen meiner Gonarthrose möglichst zu kompensieren, trage ich links eine Bandage, die mir der Orthopäde meiner Wahl verordnet hat. Hinzu kommt regelmäßiges Krafttraining im Fitnessstudio meines Vertrauens in Wickede. Hier fühle ich mich gut aufgehoben, die Trainer*innen sind freundlich und hilfsbereit.
Aber all dies hindert mich nicht, mich anzumelden, um an diesem von Michael Klein und den Lauffreunden Bönen hervorragend organisierten Lauf mitzumachen. Auch das sehr üppige Versorgungsbüffet im Malakow-Turm ist Anreiz genug. Meine Tochter Anke sowie Schwiegersohn Dennis werden ebenfalls dabei sein. Da die Teilnehmerzahl auf 150 Aktive beschränkt ist, gilt es, sich frühzeitig anzumelden. Startnummer 31 erhalte ich unmittelbar nach der Online-Anmeldung. Die ist also für mich reserviert. Dazu muss ich anmerken, dass meine Meldungen zum Bornekamp-Lauf und zum Bönen-Lauf fast zeitgleich erfolgen.
Was mir evtl. zu schaffen macht, ist die traditionell hohe Temperatur, ausgerechnet am Lauftag. In den vergangenen Jahren wurde die 30°-Hürde locker übersprungen. Das hat mir doch zugesetzt, ich bin kein ausgewiesener Hitzeläufer.
In diesem Jahr kann es anders aussehen. Seit Tagen bewegen sich die Gradzahlen knapp unter, manchmal kurz über den 20°. Garniert wird dieses Wetterereignis mit ergiebigen Niederschlägen. Gut, die Natur ist dankbar für den Regen, sie profitiert davon. Und genau so trifft es ein.
Doch 2 Tage vor dem Lauf lasse ich mir von meinem Freund Max Manroth, in Fachkreisen der Kneter genannt, noch einmal die Muskeln ausgiebig lockern und massieren, um sie wieder in die richtige Anordnung zu bringen. Das macht er super, ich vertraue ihm voll und ganz. Übrigens, er wird jetzt unterstützt von einem jungen Mann, der bei ihm praktische Erfahrungen sammeln soll.
So gut vorbereitet starte ich ein weiteres Abenteuer „6-h-Lauf“. Leider werden meine Tochter und mein Schwiegersohn krankheitsbedingt nicht mitlaufen können, so dass ich mich nach einem anderen Läufer umsehen muss, der mich mitnimmt. Denn ich besitze kein Auto, und die Möglichkeiten, am Samstag mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Bönen zu fahren, sind sehr zeitaufwendig. Mein „Retter“ Arno, ein begeisterter Langstreckler, zögert keine Sekunde, als ich ihn mit meiner Anfrage konfrontiere. Rasch und unkompliziert vereinbaren wir Treffpunkt und den Zeitpunkt der Abfahrt. Wir wollen ja nicht „auf den letzten Drücker“ kommen, eine gewisse Vorbereitungszeit zum Einstimmen für den Lauf ist uns unerlässlich.
Angeregte Unterhaltung, insbesondere über das Laufen, ist während der Fahrt angesagt, so dass wir locker, entspannt und frühzeitig ankommen. Parken auf dem unmittelbar vor dem Turm liegenden Gelände ist nicht möglich. Egal… Arnold parkt vor dem nahe gelegenen Sportzentrum.
Am, im und um den Turm herum treffe auf viele bekannte Gesichter, oftmals „Wiederholungstäter“ wie ich. Wir sind doch eine große, befreundete Community. Ohne Ansehen der Person und des Standes verbindet uns die Freude am Laufen. Dabei spielt es keine Rolle, welche Distanzen der Einzelne läuft. So freue ich mich über Kerstin und Frank Pachura, die wieder ein tolles Video drehen und der Laufgemeinde zugänglich machen werden. Man darf gespannt sein.
Beim Rundgang um und durch den Turm erblicke ich sofort das üppige Läuferbüffet. Ich habe schon an vielen, sehr vielen Läufen teilgenommen, aber das, was Michael anbieten kann, ist nicht zu übertreffen. Salzgebäck und Weingummis, frisches Obst und Kuchen, Cola, Wasser und (alkoholfreies) Bier, ja sogar Wein aus dem Ahrtal stehen im Angebot. Und das ist nur meine erste Wahrnehmung. Ich übersehe bestimmt noch einiges. Zusätzlich können wir uns beim Durchlauf am Turm sozusagen mit Wasser to Go erfrischen. Das werde ich auch später ausgiebig nutzen. Zusammen mit den Startunterlagen erhalten wir als Bonmot ein Glas Senf aus dem Unnaer Senfladen. Eine nette Aufmerksamkeit, die den Lauf noch liebenswerter macht und die ich gerne registriere.
Einige Freunde und Bekannte sprechen mich auf die Erkrankung von Anke an. Ich bitte sie, in einem kurzen Video Genesungswünsche für Anke zu sprechen, die ich dann zusammenstellen will. Alle Angesprochenen kommen diesem Wunsch ausnahmslos nach.
Jan-Philipp Struck, von zahlreichen Läufen, u.a. vom Bornekamplauf bekannt, betreut die Zeitnahme und Rundenzählung über race result. Jede Runde von 1340 Metern wird protokolliert, die Zeiten werden aufaddiert und sofort online angezeigt. So kann sich jeder vor Ort oder weltweit im System den jeweiligen Stand des Rennens anschauen. Michael Klein als Leiter der Veranstaltung begrüßt die 150 Laufenden, die sich pünktlich um 9 Uhr hinter der Startlinie versammeln, und macht sie mit den Regeln vertraut. Diese sind unkompliziert und einfach umzusetzen.
Meine Super-High-Tec-GPS-Uhr Garmin 235 ist bis zum Anschlag aufgetankt. Mit dieser Füllung kann ich sehr lange laufen. Soweit die Theorie. Wie und ob sich Knie und Hüfte bemerkbar machen, wird sich im Verlauf des Tages zeigen.
Pünktlich um 9 Uhr schickt Michael das Läuferfeld bei idealen Lauftemperaturen von um die 20° auf den Kurs am Turm. Kein Vergleich zur tropischen Hitze der Vorjahre. Die Strecke habe ich in meinem Bericht von 2022 wie folgt beschrieben:
Das erste Teilstück der Runde verläuft vom Turm über den Parkplatz in Richtung Turnhalle, in deren Sozialräumen wir später duschen dürfen. 250 Meter flach, bevor wir nach links den „Berg“ ca. 150 Meter hinauflaufen. Wieder links in Richtung Turm geht es nun richtig zur Sache: Weitere ca. 120 Meter laufen/gehen wir bergan, bevor wir uns hinunter auf Parkplatzniveau stürzen können. Nun führt uns der Kurs in einem weiten Bogen an nachwachsenden Eichen vorbei zu Start und Ziel.
Und dies ist 18x zu durchlaufen, um etwas mehr als einen HM zu schaffen. Ich beginne verhalten, halte mich am Ende des Feldes auf. Was soll ich auch machen? Schneller geht halt nicht.
Zunächst ist noch alles im grünen Bereich, ich laufe in meinem Wohlfühltempo, Rekorde laufe ich eh nicht mehr. Darum geht es mir auch gar nicht. Wie bereits erwähnt, bin ich mehr darauf aus, meine sozialen sportlichen Kontakte ausgiebig zu pflegen. Und da bieten sich solche Gelegenheiten bestens an. Zwischendurch erfrische ich mich an den herrlichen „Getränkebars“ in- und außerhalb des Turms. Natürlich esse ich ausgiebig, denn dafür ist das alles ja da.
Natürlich werde ich schnell überrundet. Unzählige Male flitzen die ultraschnellen Aktiven an mir vorbei. Da kann es einem schon mal schwindelig werden.
Und dann, welch große Überraschung: Tochter Anke und Schwiegersohn sind so weit genesen, dass sie zumindest als Zuschauer dabei sein können. Ich hörte bereits unterwegs von Alba und Kerstin, sie seien da. Aber ein persönliches Treffen ist schon was anderes. Leider habe ich kein Film-/Fotodokument dazu. Wir begrüßen uns herzlich, und vor allem ich als (Schwieger)vater freue mich, dass es den beiden besser geht.
Es ergibt sich, eine kurze Zeit neben schnelleren Läufern zu sein, wie z.B. diesen: Michael und Uwe, zwei sehr langstreckenerfahrenen Freunde. Michael will z. B. in wenigen Tagen am Mauerweglauf in Berlin teilnehmen. Mario Windelschmidt, Mitorganisator des Bornekamplaufes überholt mich x-mal, immer mit einem kleine Spruch auf den Lippen.
Auch befreundete Zuschauer*innen mischen sich unter die Zuschauer*innen. 😀 Insbesondere freue ich mich über Nicole, die den weiten Weg von Dortmund nach Bönen mit dem Rad zurückgelegt hat, um uns anzufeuern. Es ist immer wieder herzlich und erfrischend, wenn wir uns treffen. Als gemeinsamen Lauf vor einigen Jahren erinnere ich mich z. B. an den Gedenklauf an Heinrich Czerkus, der Platzwart beim BVB war und am Karfreitag 1945 von den Nazis in der Bittermark ermordet wurde.
Auch mein langjähriger Laufpartner Peter Teuber ist mit dem Rad „angereist“ und spornt uns bei jedem Durchlauf an. Inzwischen zeigt sich die Sonne, d.h. ich greife auf meine Klappenmütze zurück, um Ohren und Nacken gut zu schützen. Auch wenn ich darunter sehr schwitze, gilt die Devise: Schweiß kannst Du abwischen, Hautkrebs nicht.
Abwechslungsreich verläuft somit mein Lauf, denn nun begegne ich noch Andreas Rösler, der ebenfalls den Mauerweglauf unter seine Laufwerkzeuge nehmen will. Du liest also von vielen namentlich erwähnten Freunden und Bekannten, langweilig wird es also nicht.
Nachdem ich Runde um Runde mit wechselnden Zeiten abspule, nähere ich mich dem Wunschziel Halbmarathon. Da das aufgrund der Streckenlänge nicht aufgehen kann, gilt also: Halbmarathon = 21440 Meter. Und das ist das Ziel, und langsam, ganz langsam komme ich an das blaue Bändchen heran, dass jedem um das Handgelenk gelegt wird, der diese Distanz bewältigt hat. Dieses „blaue Band“ erarbeite ich mir nach 18 Runden. Puh, das habe ich trotz kleiner Wehwehchen und Beschwerden gepackt. Eigentlich müsste ich mir auf die Schulter klopfen, ist mir dann aber doch zu albern.
Jetzt wird erst einmal ordentlich gegessen und getrunken. Michael hat sogar für Grill- und Currywurst gesorgt, wo gibt es das sonst? Vor dem Turm stehen zwei Massagebänke. Hier lassen sich müde und erschlaffte Muskeln wieder richten. Klar, nehme ich auch in Anspruch. Die Kneterei schmerzt gerade an den blockierten Stellen, aber Du weißt: Wo Schmerzen sind, ist Leben. Genau. Und nach getanem Lauf wird erst einmal ausgiebig geduscht. Auch hier hat Michael an alles gedacht. Wir dürfen dies im neuen Sportzentrum, vor dem auch Arnos Auto steht.
Frisch geduscht und erholt genieße ich den weiteren Ablauf bis zur Siegerehrung. Diesmal legt bei den Herren ein mir unbekannter Läufer die meisten Kilometer zurück, während bei den Damen eine junge Läuferin aus der W35 die weiteste Strecke zurücklegt.
Als besonderes Bonbon bieten die Lauffreunde Bönen die Anmeldung für 2024 an, und zwar nur heute mit einem Frühbucherrabatt. Tochter Anke und Schwiegersohn Dennis sind sofort dabei, während ich wegen fehlendem I-Phone dies erst zu Hause mittels eines Links erledigen kann. Denn im nächsten Jahr will ich auf jeden Fall wieder diesen vorzüglichen Lauf unter meine Laufwerkzeuge nehmen. Versprochen.
Sehr schön geschrieben lieber Wolfgang, da bekomme ich tatsächlich Lust mich für 2024 anzumelden.